Ein politischer Sommer in Frankreich 2024
Erstellt von Redaktion am Dienstag 13. August 2024
Von Dr. Nikolaus Götz
Denn es ist wieder einmal Sommer und für viele urlaubsreifen Deutsche ist Frankreich und die Côte am Mittelmeer oder am Atlantik ein lockendes Urlaubsziel. Doch nach dem medial ausgerufenen „Schock“ der Europawahl 2024 und dem Erstarken der sogenannten Rechstparteien, fragen sich viele Deutsche: „Was treibt gerade die Franzosen um?“ Warum hat der französische Staatspräsident das Parlament aufgelöst? Und deutsche politische Deppen wie beispielsweise dieser Friedrich Merz von der CDU fragen: Warum müssen wir noch diesen deutschen Bundestag erdulden? Machen wir es doch wie unsere französische Partnernation. Hinweg damit! Doch ein deutscher ’Bundeskanzler’ ist funktional eben kein französischer ’Staatsprädident’. Und so gilt es, uns unwissenden Deutschen, den französischen Politikbetrieb im Sommer 2024 kurz zu beschreiben.
Die Wahlklatsche der Franzosen anfang Juli 2024 (1) gegen ’das Scheißsystem’ mit seinem ’Roi’ Emmanuel Macron hatte gesessen!
Bei den Wahlen zur französischen Natioanlversammlung war Frankreich „braun“ geworden! (2) „Chaos oder Krise“ signalisierten die französischen Medien ihren Bürgern und beschworen ihre Citoyen nun republikanisch (?) zu wählen, wobei längst alle demokratischen Forderungen der rebellischen ’Gelbwesten’ aus dem Jahr 2018 vergessen worden waren (3). Jetzt lautete die französische medial getragene Diskussion ähnlich wie der in Deutschland vom Januar 2024: ’Rechts’ stoppen (4)! Jedoch schreibt das Autorenteam der „besten französischen Zeitung“ Le Monde nur Oberflächliches gegen die Partei von Marine Le Pen, wenn sie titeln: „Un front républicain d’ampleur contre le RN“ (5). Der Artikel gibt dabei die Wahltaktik der etablierten französischen Parteien wieder, um dadurch eine optimale Anzahl ihrer Kandidaten im zweiten Wahlgang zur Natioanlversammlung zu erhalten.
Am entscheidenden Wahltag vom 8. 7. 2024 gab es dann so wie in Deutschland immer auch „nur Gewinner“. Das Wahlergebnis des republikanischen Sperrdammes favorisierte dabei die Stellung des französischen Staatspräsidenten und ’Die Linke’. Deshalb erklärte sich diese ’Gauche’ noch am Wahlabend mit Jean Luc Melanchon laut und frech wie Oskar zum Wahlgewinner, da die Neue Volksfront 182 Sitze von 577 erhalten hatte (6). Die bisher von den deutschen Kommentatoren unverstandene Parlamentsauflösung durch den französischen Präsidenten Emmanuel Macron stellte sich an diesem Wahlabend jedoch aber als genialer politischer Schachzug heraus. Der französische Staatspräsident konnte nämlich am ’Day after’, dem Tag danach, die sofortige Demissionierung seines Premierministers Gabriel Attal ablehnen und ihn bis auf weiteres im Amt belassen (7). Zudem erhielt keine der Parteien in der neuen ’Assemblée nationale’ eine Mehrheit, die nämlich bei 289 Sitzen läge, womit der französische Präsident seine Stellung als „Vater der Nation“ verstärken konnte. Jedoch sieht er sich durch die aktuelle Parteienkonstellation vor dem Zwang der ’Cohabitation’, denn die drei großen Parteiblöcke neutralisieren sich wie vorab vermutet (8).
Und die ins Amt gewählten französischen Abgeordneten (8) begannen umgehend mit ihrer Arbeit: endlos zu diskutieren, zu intrigieren und um Posten zu schachern! Dabei unterschieden sie sich in ihrem Verhalten damit in keinster Weise von den deutschen Bundestagsabgeordneten.
Auch diese hatten monatelang diskutiert, bis es endlich zur Regierungsbildung unter dem SPDler Olaf Scholz kam. Bei der ersten Sitzung des französischen Parlamentes vom 18. Juli 2024 gab es zwar Kandidaten zur Wahl der Parlamentspräsidentin oder des Parlamentspräsidenten, doch endlich nach drei Wahlgängen war Yaël Braun-Pivet aus dem Lager des französischen Präsidenten wiedergewählt. Die neugewählten Deputierten hatten sich dafür entschieden, dass auch in Frankreich alles so bleibt wie es bisher schon war.
Die Frage nach dem kommenden „Kanzler“ dem neuen ’Premierminister’ muss jedoch noch ausgezockt werden (9). In der Folge gingen die französischen Deputieren in den ’verdienten’ Sommerurlaub 2024 (10), diskussionsoffen oder besser ergebnislos der kommenden Dinge harrend und sich an der Auszahlung ihrer ersten ’schmalen’ Parlamentsdiäten erfreuend.
Anmerkungen:
1 Die Wahlen vom 30. Juni 2024 hatten eine Wahlbeteiligung von 66, 71%; siehe LE Monde vom 4.7.2024
2 Siehe: Le Monde vom 4. 7. 2024: Face au RN, la France du front républicain (Titel)
3 Siehe: Die ‚Unbesiegbaren Gallier’ weisen den politischen Weg: Forderungen der ’Gelbwesten’, in: Demokratisch-links.de vom 7.12.2018. Kein Redakteur des Mainstreams hat jemals diese Forderungen in deutscher Sprache zur Kenntnis genommen. Eben sowenig hat sich die herrschende politische Kaste in Frankreich, nur in Ausnahme, mit den Forderungen befasst.
4 Siehe auch: Ein Schnellkommentar zur Saarbrücker Demo ’Bunt gegen Rechts, der es in sich hat, von Dr. Nikolaus Götz: in: demokratisch-links.de vom 3.2. 2024.
5 Robin d’Angelo/ Mariama Darame: Un front républicain d’ambleur contre le RN (=Rassemblement Nationnal)/dt. Übersetzung: Eine große republikanische Front gegen die Nationale Sammelbewegung), in:Le Monde vom 4. 7. 2024, S.2
6 Die insgesamt 577 Sitze verteilen sich auf: Nouveau Front populaire (NF) 182; Divers gauche (13); Ensemble 168 Divers centre (6); Régionalistes (4) Les Républicains (45) ; Droite (15) ; Rassemblement national RN (143); Divers (1) Siehe: Le Monde vom 9. 7. 2024 Seite 1.
7 Der bisher alte Premierminister bleibt bis zu seiner zeitlich ungewissen Entlassung durch den Staatspräsidenten auch der neue, denn seine Ernennung/Entlassung obliegt dem Präsidenten, jedoch sollte er „das Vertrauen der Nationanalversammlung“ besitzen.
8 Siehe: Le Monde vom 4.7. 2024: Benoît Floc’H: La dissolution, un dangereux «boome-rang» pour celui qui en use.
9 „Selbst während der Ferien befasst sich Emmanuel Macron damit seinen nächsten Regierungschef zu finden. Die Namen von Xavier Bertrand, Michel Barnier, Jean-Louis Borloo, Lucie Castets et Bernard Cazeneuve zählen zu den Favoriten. «Même en vacances, Emmanuel Macron s’affaire à choisir son prochain chef du gouvernement. Les noms de Xavier Bertrand, Michel Barnier, Jean-Louis Borloo, Lucie Castets et Bernard Cazeneuve sont parmi les favoris. Siehe: francetvinfo.fr/politique/emmanuel-macron/gouvernement-la-recherche-du-futur-premier-ministre-se-poursuit_6715977.html.
10 „Die parlamentarische Sommerpause in Deutschland dauert in der Regel zwei Monate, von Juli bis August.Siehe: Bundestag.de/services/glossar/glossar /P/parlamentarische _sommer-pause-247336. Die Sommerpause des französischen Parlamentes in Frankreich wurde 2024 durch seine vorzeitige Auflösung beeinflusst ebenso wegen der in Frankreich ausgetragenen „Olymischen Spiele“ von Paris. Juli-August sind die klassischen Pausenmonate, während der jedoch die Deputierten noch „andere Arbeiten“ erledigen. Siehe auch: France 24.com/fr/france/20240708-assemblée-nationale-première-session-élection-du-président-tout-savoir-sur-le-calendrier
Mittwoch 14. August 2024 um 10:25
Die Wortwahl des Autoren ist grob und verletzend. Friederich Merz muss sogar für den Charakter seiner politischen Forderungen kritisiert werden. Gleichwohl gibt es keinen Mangel im Bezug auf seine geistige Fähigkeiten. Es gilt die wertvollen Grundrechte auszuüben. Wie das Versammlungsrecht nutzen.
Jimmy Bulanik